Bildungsseminar über die Ermordung der Patienten von psychiatrischen Kliniken

In der vergangenen Woche erfuhren die Studenten der Universität Düsseldorf mehr über den Holocaust und die tragischen Ereignisse auf dem Territorium von Belarus in den Jahren des Zweiten Weltkrieges. Vom 23. bis  zum 30. September machte sich eine 20 Mann starke Gruppe unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Beate Fieseler und Univ.-Prof. Dr. Simone Dietz mit wenig bekannten Seiten der Kriegszeit bekannt.

Am Anfang erzählte die Leiterin der Geschichtswerkstatt Irina Kaschtelan den Studenten über deren Tätigkeit und über das Projekt „Belarussisches Archiv der Oral History“. Nach einer methodischen Vorbereitung zum Oral-History-Interview  nahmen die Studenten an einem Gespräch mit dem Zeitzeugen des Minsker Ghettos Jakow Krawtschinksi teil, der ihnen ausführlich über das Überleben der Juden im Krieg berichtete.

Die Mitarbeiter der Geschichtswerkstatt Alexander Dalhouski und Kusma Kosak führten für die Gruppe die bereits zu Tradition gewordenen Exkursionen in den ehemaligen Vernichtungsort Malyj Trostenez und das Minsker Ghetto durch. Die Historiker erzählten ausführlich über die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung durch die NS-Okkupationsbehörden in den Jahren des Krieges und die tragischen Schicksale der Gefangenen des Minsker Ghettos und des Malyj Trostenez.  Die Ausstellung über Trostenez, die sich zurzeit in der Nationalen Bibliothek befindet, sowie das Zeitzeugenarchiv der Geschichtswerkstatt ergänzten die Information zum Thema.

Besondere Aufmerksamkeit widmete die Gruppe den Schicksalen der Patienten von psychiatrischen Kliniken, die in Belarus im Zweiten Weltkrieg dem Naziregime zum Opfer gefallen waren. Zu diesem Zweck organisierte man für die deutschen Gäste eine Exkursion nach Mogiljow. Dort besichtigten die Exkursionseilnehmer das Denkmal und die Gedenktafeln auf dem Territorium der psychiatrischen Klinik, in der die Nazis vom Herbst 1941 bis zum Januar 1942 etwa 1200 wehrlose Patienten, Männer, Frauen und Kinder, erschossen bzw. mit Giftgas getötet hatten. Die deutsche Gruppe traf sich mit dem Autor des Denkmals, dem Bildhauer Alexander Menkow. Er erzählte, warum er sich des Themas der Verewigung der Opfer des Zweiten Weltkrieges in Belarus angenommen hatte, und erklärte, warum die Komposition den Namen „Ein Hauch von Luft“ trägt – die Mehrheit der Patienten der Klinik wurden mit Giftgas ermordet. 

In der Stadt am Dnjepr wurde im Zweiten Weltkrieg, wie auch in vielen anderen Städten von Belarus, ebenfalls ein Ghetto errichtet, in dem die Nazis über 12000 Juden vernichteten. Über das Mogiljower Ghetto erzählten die örtlichen Aktivisten und Historiker Alexander Litin und Ida Schenderowitsch. Sie machten die Seminarteilnehmer auch mit der jüdischen Geschichte der Stadt Mogiljow und mit den Plänen zur Erhaltung eines einzigartigen jüdischen Friedhofs bekannt, dessen Grabmäler einen besonderen kulturell-historischen Wert besitzen.

Im Rahmen des Aufenthaltes in Belarus besuchte die Studentengruppe auch das Museum des Großen Vaterländischen Krieges in Minsk. Hier machten sich die Studenten mit den Museumsexponaten bekannt, erfuhren mehr über die Schlüsselgefechte an der Ostfront, den sogenannten „Schienenkrieg“, die Partisanenbewegung, das Okkupationsregime und die Befreiung von Belarus.

Am letzten Tag ihres Aufenthaltes in Belarus besuchten die deutschen Studenten die republikanische psychiatrische Klinik in Nowinki, in der während der Okkupation ebenfalls Patienten durch die Nazis vernichtet wurden. Die Experten Oleg Eisberg und Aleksej Bratotschkin erzählten über die tragischen Ereignisse jener Zeit in der Klinik und über die Geschichte der Entstehung einer Gedenktafel.

Der letzte Aufenthaltstag war ein Tag, an dem die Gruppe die Bilanz ihrer Reise zog und eine allgemeine Reflexion anstellte. Dr. Beate Fieseler schenkte der Geschichtswerkstatt Leonid Lewin neue deutsche Veröffentlichungen zum Thema Holocaust und Vernichtung der Patienten psychiatrischer Kliniken durch die Nazis auf dem Territorium Deutschlands im Zweiten Weltkrieg. Ihrerseits überreichte die Geschichtswerkstatt Leonid Lewin der deutschen Seite eine Reihe von aktuellen Publikationen.

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