Präsentation des Buches von Anika Walke

Anika Walke ist Autorin des Buches „Pioniere und Partisanen: Oral History des Nazi-Genozids in Belarus“ (Oxford University Press, 2015), das sie am 2. Juni in der Geschichtswerkstatt Leonid Lewin präsentierte.

Das Nazi-Regime und die Kollaborateure vor Ort haben 800000 belarussische Juden vernichtet. Dadurch wurden Tausende jüdische Kinder zu Weisen und kämpften allein um ihr Überleben. Das Buch „Pioniere und Partisanen“ stellt die erste systematische Chronik des Lebens junger sowjetischer Juden in der Zeit der Nazi-Okkupation und des Genozids dar. Die Lebenserfahrungen und die Erinnerungen dieser Weisenkinder sind in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts verwurzelt, als die sowjetische Staatspolitik die interethnische Solidarität und soziale Gleichheit propagierte und mit gewissem Erfolg auch verwirklichte. Diese Erfahrung der interethnischen Solidarität bildete eine solide Grundlage zum Überleben junger Juden im Krieg und einige darauffolgende Nachkriegsjahrzehnte.

Die Autorin benutzt die Erinnerungen von Überlebenden und Videomaterialien und bestimmt die entscheidende Rolle des Alters und des Geschlechts bei der Formierung der Überlebensstrategien und bei der Einprägung des Nazi-Genozids in Gedächtnis junger Juden. Das Buch zeigt, auf welche Weise die gemeinsame traumatische Erfahrung die gemeinschaftliche Entwicklung innerhalb und außerhalb nationaler Gruppen erleichterte, sowie stellt das Verhältnis zwischen dem Gedächtnis und der Identität in der sowjetischen und postsowjetischen Periode fest. Die Präsentation des Buches von Anika Walke gibt uns die Möglichkeit, die Methodologie und Theorie der Oral History zu besprechen sowie eine eventuelle Anwendung und mögliche Probleme einer ähnlichen Untersuchung auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion zu erwägen.

Anika Walke — Ph.D., Assistant Professor an der Washington-Universität in St. Louis (USA). Studium an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg  (Deutschland). 2011 Promotion an der Universität in Californien, Santa Cruz (USA). Zu ihrer Interessensphäre gehören der II. Weltkrieg, Migration und nationale Politik in der (ehemaligen) UdSSR und in Europa.

 

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