80 Jahre seit der Deportation westeuropäischer Juden nach Minsk

Vor 80 Jahren, am 11. November 1941, erreichte der erste Zug mit deportierten Juden aus Hamburg die  Station Tawarnaja. Ab diesem Datum ist es üblich, den Beginn der Deportationen westeuropäischer Juden nach Minsk zu zählen. Die Passagiere jedes weiteren Transports im Minsker Ghetto wurden auch „Hamburger Juden“ genannt. Insgesamt deportierten die Nazis von November 1941 bis Oktober 1942 mehr als 23.000 Juden aus Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei. Auf dem Territorium des Minsker Ghettos wurden speziell für die Deportierten zwei „Sondergettos“ geschaffen.

Heinz Rosenberg erinnerte sich:

„Wir mussten unser Handgepäck mitnehmen und an dem Waggon anstellen. Wir wurden gezählt und mussten warten. Plötzlich rief der SS-Offizier den jüdischen Transportchef. Dr. Frank kam sofort auf ihn zu, stellte sich stramm und berichtete: "Insgesamt sind 971 Menschen angekommen: Männer, Frauen und Kinder aus Hamburg." Der Beamte sah ihn an und sagte: "Du dreckiger Jude, denk dran: Wenn du dich an einen Offizier oder einen anderen Deutschen wendest, musst du den Hut abnehmen und warten, bis du sprechen darfst!" Bei diesen Worten nahm er seine Lederpeitsche und schlug Dr. Frank mit solcher Wucht ins Gesicht, dass er hinfiel und ohne unsere Hilfe nicht mehr aufstehen konnte.“

Und so beschreibt Klaus, ein Nachbar der Familie Schloss, ihr Haus nach dem Einzug neuer Mieter:

„Schon am nächsten Tag sah das jüdische Haus ganz anders aus. Plötzlich waren alle Fenster geöffnet, alles sah hell und sauber aus. Neue Farben, neue Tapeten, neue Vorhänge - was für ein freudiges und angenehmes Erlebnis! Dieses Haus hatte nichts mehr zu verbergen. Im ersten Moment verspürte ich Hoffnung. In meiner damaligen kindlichen Unwissenheit stellte ich mir vor, dass die Juden sich nicht mehr verstecken wollen, sondern normal bei uns leben wollen. Aber sie sind gegangen, um nie wieder zurückzukehren, und ich fühlte mich, als hätte ich sie vertrieben.“

Die Deportierten wurden zu Fuß ins Ghetto geführt. Es war 20 Grad Frost. Hunderte von Metern erstreckte sich die Kolonne erschöpfter und völlig hoffnungsloser Menschen. Sie dachten nicht einmal daran, wegzulaufen. Sie wurden sofort gewarnt: Wenn jemand rannte, würden sie hundert für einen töten. Sie wurden in einem baufälligen Gebäude untergebracht, in dem noch die Leichen der am Vortag getöteten belarussischen Juden lagen. Die meisten Ankömmlinge wurden ohnehin nach gnadenlosen Pogromen im Ghetto oder an verschiedenen Vernichtungsstätten außerhalb des Ghettos getötet. Seit Mai 1942 ist die Lichtung Blagauschtschyna, 11 km von Minsk entfernt, zum zentralen Ort der Zerstörung geworden. Nur 10 Passagiere des ersten Zuges aus Hamburg konnten entkommen.

Erinnerungen an diese schrecklichen Ereignisse werden für immer in Erinnerung bleiben. Diese Art von Gewalt sollte nie wieder vorkommen!

Fotos: